Donnerstag, 9. Februar 2012

Dezembernutten – Eine Geschichte in Text & Bild

Dezembernutten

Hier stehe Ich, in einer Reihe mit so vielen anderen. Jeden Tag kommen Männer hierher, sie sehen mich an, aber sie sehen nicht mich. Ich bin nicht hübscher oder besser als all die anderen, zumindest gibt mir niemand das Gefühl etwas Besonderes zu sein. Bis zu diesem einen Tag.

Er steht vor mir, er sieht nicht anders aus als all die anderen Männer, aber er lächelt. Ohne sich von mir abzuwenden ruft er „Wieviel?“. Er verhandelt kurz, ich höre nicht was er sagt. Hände werden geschüttelt, er packt mich und bringt mich zu seinem Wagen. Ich wurde verkauft, im Wagen spricht niemand ein Wort. Ich habe Angst, ich fühle dass ich von nun an keine Kontrolle mehr darüber habe was mit mir geschieht. 

Wir kommen zu einem Haus. Es ist ein schönes Haus. Im Innern kommt er direkt zur Sache, mit einem riesigen Ständer in der Hand kommt er auf mich zu. Er will das ich ein Kostüm für ihn trage, er will das ich eine Rolle für ihn spiele. Ich fühle mich unnatürlich und verkleidet, aber genauso will er mich haben. Ich sträube mich dagegen diese Sachen zu tragen, es ekelt mich an das es ihm gefällt, aber er will es und so geschieht es auch.  

Als ich fertig bin schaut er mich voller Entzücken an, er strahlt über das ganze Gesicht, und sagt mir dass ich wunderschön bin. Ich versuche mich dagegen zu wehren. Ich rufe mir ins Gedächtnis das nicht ich es bin die er schön findet, sondern die Rolle in die er mich gesteckt hat, aber irgendwann gibt etwas in mir nach. Ich füge mich in mein Schicksal, akzeptiere meine Rolle in diesem Spiel und empfinde sogar fast ein bisschen Stolz darüber das mein Anblick ihm soviel Freude schenkt. 

Wenn ich heute an dieses Gefühl zurück denke komme ich mir so töricht vor. Ich hatte wirklich geglaubt das ich mehr für ihn bin als ein Objekt das ein kurzzeitiges Bedürfnis befriedigt. Ich hatte doch alles so gemacht wie er gesagt hatte. All die Tage stand ich im Mittelpunkt des Geschehens. Jedem Besucher wurde ich stolz vorgeführt, doch nach drei Tagen waren keine Emotionen mehr in seinem Blick. Er lächelte nicht mehr wenn er mich ansah. Sein Blick verriet mir das ich nur noch eine Angelegenheit war, die erledigt werden musste. 

Er kommt auf mich zu, mit harten Handgriffen reißt er mir mein Kostüm vom Leib und, obwohl ich es nie gern getragen habe, fühle ich mich nun nackt und verletzlich. Er packt mich am Schopf und zerrt mich die Treppen hinunter, er spricht kein Wort als er mich rüde auf die Straße schubst. Ich schlage auf dem kalten Asphalt auf und  höre wie er sich die Hände an der Hose abklopft. Ich spüre seine Erleichterung darüber eine Last losgeworden zu sein. Ohne ein Wort des Abschieds dreht er sich um und geht zurück ins Haus. Ich aber bleibe liegen. Meinen Wurzeln entrissen, geschändet, ausgenutzt, beschmutzt. 

Hier liege ich nun also, eine von vielen, die so schnell aufstiegen das sie stolperten. Es ist wieder wie früher. Jeden Tag gehen Menschen an mir vorbei, aber sie beachten weder mich noch all die anderen. Irgendwann Abends kam ein junger Kerl mit einer Kamera, er machte Fotos von uns. Ich kann nicht sagen das ich mich gerne in dieser Lage fotografiert wissen wollte, aber eine Innere Stimme sagte mir das es das letzte Mal wäre das mir überhaupt jemand Aufmerksamkeit schenkt.












 

2 Kommentare:

  1. *klatsch* *klatsch* *klatsch* *klatsch* *klatsch* – schön ist sie geworden.

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  2. Großartige Geschichte!

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